Maßnahmen zur Schweißrauchminderung

Inhalt
  • Gefahrstoffe beim Schweißen – Exkurs
  • Ausgangssituation
  • Einflussfaktoren – Emission und Exposition
  • Ansätze zur Schweißrauchminderung
Dauer: 11 Min. und 34 Sek.
Begrüßung
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie herzlich zu unserem Videovortrag Maßnahmen zur Schweißrauchminderung – Möglichkeiten der Substitution begrüßen. Mein Name ist Demian Langen und ich bin Fachreferent für Schweißverfahren bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall.
Ich möchte mit einem kleinen Exkurs zu den Gefahrstoffen beim Schweißen starten und auf die Ausgangssituation in Betrieben mit schweißtechnischen Arbeiten eingehen, dies vor dem Hintergrund der Exposition von Schweißern und Schweißerinnen gegenüber Schweißrauchen. Im Anschluss schauen wir uns an, welche wesentlichen Faktoren die Emission, das heißt die Freisetzung von Schweißrauchen, bestimmen können und welche Faktoren schließlich für die Exposition gegenüber Schweißrauchen maßgeblich sind. Im Fokus stehen dann die Ansätze zur Minderung der Schweißrauche bei den Metall-Inertgas- und Metall-Aktivgas-Schweißverfahren; kurz MIG/MAG-Verfahren.
Ausgangssituation
Beim Schweißen entstehen Gefahrstoffe. Diese können gasförmig sein, wie z. B. Ozon oder Stickoxide, aber auch als Rauche auftreten. Rauche meint in diesem Zusammenhang luftgetragene, feste Partikel und deren Agglomerate in Größen überwiegend unter 10 µm. Bei Partikelgrößen unter 10 µm spricht man von der alveolengängigen Fraktion, abgekürzt der A-Fraktion. Partikel der A-Fraktion können eingeatmet werden und bis in die feinen Lungenbläschen vordringen. Die Bestandteile der Schweißrauche lassen sich nach ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung in drei Gruppen einteilen:
  • sie können Atemweg- und Lungenbelastend sein, also z. B. Entzündungen hervorrufen. Dieser Gruppe lassen sich z.B. Eisen- und Aluminiumoxide zuordnen.
  • Rauch-Partikel können auch eine toxische bzw. giftige Wirkung haben, wie z.B. Mangan- oder Zink-Verbindungen
  • oder sogar krebserzeugend sein. Krebserzeugende Schweißrauche, z. B. Chrom-6-Verbindungen oder Nickeloxide, können beispielsweise beim Schweißen von Cr-Ni-Stählen, also Edelstählen, entstehen.
Die MIG/MAG-Schweißverfahren sind vielseitig einsetzbar und in Industrie und Handwerk die meistgenutzten Schweißverfahren. Kennzeichnend ist jedoch, dass diese Verfahren eine große Menge von Schweißrauchen freisetzten. Die "Technische Regel für Gefahrstoffe 528 Schweißtechnische Arbeiten" listet relevante Grenzwerte für Gefahrstoffkonzentrationen am Schweißarbeitsplatz auf. Beispielhaft ist hier der allgemeine Staubgrenzwert für die A-Fraktion mit 1,25 mg/m³ und der Grenzwert für Mangan und seine anorganischen Verbindungen in der A-Fraktion mit 20 µg/m³ angegeben. Rechts im Bild sehen Sie gemessene Schweißrauchkonzentrationen an Arbeitsplätzen, die im Rahmen von Studien des Instituts für Prävention und Arbeitsmedizin aufgezeichnet wurden. Dargestellt ist die Mangan Konzentration über der allgemeinen Schweißrauchkonzentration in der A-Fraktion. Der Graph ist durch die Strichpunktlinien in vier Bereiche geteilt. Im oberen rechten Quadranten steht jeder Messpunkt für einen Arbeitsplatz, an dem weder der allgemeine Staubgrenzwert noch der Grenzwert für Mangan eingehalten wird. Im oberen linken Quadranten zeigt jeder Messpunkt einen Arbeitsplatz, an dem zwar der allgemeine Staubgrenzwert eingehalten wird, jedoch der Wert für Mangan und seine Verbindungen überschritten wird. Lediglich im unteren linken Quadranten gezeigte Messstellen halten beide Grenzwerte ein. Die Studien zeigen, dass auch an Arbeitsplätzen mit Absaugung die Grenzwerte teilweise überschritten werden. 
Einflussfaktoren
Die Einflussfaktoren auf die Emission von Schweißrauchen können vielfältig sein. Wesentlichen Einfluss auf die Schweißrauch-Emissionsrate hat das Schweißverfahren – so wird ein WIG-Prozess weniger Schweißrauch emittieren als ein MIG- oder MAG-Prozess. Auch die gewählten Schweißprozessparameter wie Strom und Spannung haben einen Einfluss. Die chemische Zusammensetzung des Grund- und Zusatzwerkstoffes entscheidet darüber, was emittiert wird – also welcher Stoff mit welcher gesundheitsschädlichen Wirkung. Hilfsstoffe wie Schweißtrennspray auf der Werkstückoberfläche oder sogar in der Schweißfuge und die Zusammensetzung des verwendeten Schutzgases haben einen Einfluss. Ist die Werkstückoberfläche verölt oder beschichtet, wird sich auch dies auf die Emission von Schweißrauchen auswirken. Wie viel der emittierten Schweißrauche nun durch den Schweißer oder die Schweißerin eingeatmet werden kann, wird durch die sog. Exposition beschrieben. Die Exposition wird in Schweißrauchmenge pro Kubikmeter Luft im Atembereich des Schweißers gemessen. Inwieweit der Schweißer oder die Schweißerin aber nun den emittierten Schweißrauchen ausgesetzt ist, hängt von weiteren Faktoren ab. Das Fertigungsverfahren und die Bauteilgeometrie können die Exposition beeinflussen, aber auch der Schweißer selbst. Wie ist z. B. der Kopf zur Schweißrauchfahne ausgerichtet? In welcher Position wird geschweißt? Natürlich haben auch Schutzmaßnahmen Einfluss auf die Exposition – eine wirksame Erfassung und Absaugung an der Entstehungsstelle wird die Schweißrauchbelastung verringern.
STOP-Prinzip
Um die Exposition gegenüber Schweißrauchen zu mindern, können und müssen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Die Gefahrstoffverordnung gibt mit dem STOP-Prinzip die Rangfolge von Schutzmaßnahmen vor. Zuallererst ist zu prüfen, ob sich die Gefahrenquelle ganz beseitigen lässt oder durch eine weniger gefährliche ersetzt werden kann. Technische Lösungen sind zu nutzen, wenn sich die Gefährdung nicht beseitigen lässt – z. B. durch räumliche Trennung von Mensch und Prozess. Eine organisatorische Maßnahme ist z. B. die Beschränkung der Expositionsdauer bzw. Schweißzeit. Auf persönliche Schutzmaßnahmen kann beim Schweißen nicht verzichtet werden – Schweißerschutzkleidung, Handschuhe und Schweißerschild bzw. Helm gehören zum Standard.
Substitution – das Verständnis
Häufig wird unter Substitution verstanden, dass Schweißen nicht mehr durchgeführt werden darf, und der Schweißprozess durch beispielsweise Nieten, Schrauben, Clinchen oder Kleben zu ersetzen ist. Doch Substitution kann auch eine Minderung der Emission, d. h. eine Verringerung der Schweißrauchentstehung bedeuten.
TRGS 528 – Empfehlungen zur Expositionsreduzierung
Die TRGS 528 gibt hierzu an, dass mit erster Priorität gefahrstoffarme Verfahren und Werkstoffe gewählt werden sollen. Für das MIG-/MAG-Schweißen kann dies z. B. eine angepasste Parametereinstellung an der Schweißstromquelle sein. Lichtbogenart, Strom und Spannung haben Einfluss auf die Schweißrauch-Emissionsrate. Das Prozessgas, genauer gesagt die chemische Zusammensetzung des Gases, wirkt sich ebenfalls auf die Schweißrauchentstehung aus. Und nicht zuletzt nimmt auch die chemische Zusammensetzung des Schweißzusatzes Einfluss auf die Emission – mindestens auf die wirksamen Komponenten, aus denen sich der Schweißrauch zusammensetzt.
Emission – Prozessgas
In Untersuchungen zur Schweißrauchentstehung konnte eine Abhängigkeit der Schweißrauch-Emissionsrate und dem Aktiv-Gas-Anteil im verwendeten Schutzgas gezeigt werden. So ist hier einmal die Schweißrauch-Emissionsrate über dem Argon-Gehalt des Schutzgases dargestellt. Betrachtet wurde ein MAG-Prozess an Baustahl mit Massivdraht-Elektrode und M20- sowie M21-Mischgas. Die Mischgase bestehen hier aus Kohlenstoffdioxid, also CO2, in Argon. Betrachtet wurde ein maximaler CO2-Gehalt von 25 % und minimaler CO2-Gehalt von 8 %. Das Standard-Gas für die Schwarz-Stahl-Anwendung mit 18 % CO2 ordnet sich dabei im Mittelfeld ein. Eine Anpassung des Schutzgases in Richtung niedriger CO2-Gehalte verspricht also eine Minderung der Schweißrauch-Emissionsrate.
Emission – Prozessregelung
Neben dem Schutzgas haben auch die Einstellparameter der Schweißstromquelle Einfluss auf die Schweißrauchentstehung. Im Zusammenhang mit den Einstellparametern wird oft von den unterschiedlichen Lichtbogenarten bzw. den Prozessregelvarianten oder auch Kennlinien gesprochen. Einige Schweißstromquellen bieten sogar spezielle Kennlinien, bei denen die Emission von Schweißrauchen gemindert ist. Ein modifizierter Impulslichtbogen kann z. B. eine gute Alternative zum Übergangs- oder Sprühlichtbogen sein.
Emission – Schweißzusatzwerkstoff
Etwa 95 % des Schweißrauches entstehen aus dem Schweißzusatz, also aus dem Draht. Die Inhaltsstoffe können entsprechend in den Schweißrauch übergehen. Werden unlegierte Stähle verarbeitet, erfüllen häufig Drahtelektroden der Typen G 2Si oder G 3Si1 anstelle des G 4 Si1 die Anforderungen an die mechanisch-technologischen Eigenschaften des Schweißgutes. Die geringeren Anteile an Mangan und Silizium führen zu weniger Ablagerungen, weniger Oxiden und Silikaten auf der Schweißnahtoberfläche und können nicht zuletzt zu einer Reduzierung der Leitkomponente Mangan im Schweißrauch beitragen.
Kombination von Substitutionsmaßnahmen
In dieser Darstellung werden die Effekte von Substitutionsmaßnahmen in anschaulicher Weise aufgezeigt. Hier wurden Schweißungen an Baustahl unter konstanten Bedingungen ausgeführt und fotografisch festgehalten. Oben links sehen Sie den Standard-Prozess – das Prozessgas mit 18 % CO2 und den Werkstoffübergang im Sprühlichtbogen. Es entsteht eine erhebliche Menge Schweißrauch. Oben rechts wurde die Einstellung der Schweißstromquelle auf den Impulslichtbogen geändert – der Einfluss ist deutlich sichtbar. Den Schweißprozess im Sprühlichtbogen mit lediglich 8% CO2 im Prozessgas sehen Sie unten links. Auch hier wird im Vergleich zum Standard eine Verringerung der Rauchentstehung deutlich. Werden nun die Substitutionsmaßnahmen Prozessgas und Prozesssteuerung kombiniert, wie im Bild rechts unten zu sehen, zeigt sich eine minimale Rauch-Emission. Neben der Absaug- bzw. Lüftungstechnik gibt es also weitere Möglichkeiten, Schweißrauchbelastung im Betrieb zu mindern. Beachten Sie jedoch, dass ggf. bei einer Änderung der Prozesseinstellungen, des Prozessgases oder des Zusatzwerkstoffes technische Regelwerke berücksichtigt werden müssen.
Praxishilfen
Weitere Informationen zum Nachlesen finden Sie auf der Homepage www.sicherschweissen.de und auf der Homepage der BGHM unter dem Webcode 236.
Dies war ein kleiner Einblick in die Möglichkeiten der Substitution beim MIG-/MAG-Schweißen. Bleiben Sie gesund.